„Du kriegst die Tür nicht auf…“ – Über das Praktizieren an der frischen Luft

„Du kriegst die Tür nicht auf…“ – Über das Praktizieren an der frischen Luft

Eine Frage an die Yogalehrer: Fenster auf oder Fenster zu in der Shala (vorausgesetzt es gibt Fenster)?
Meine Schüler hätten oft gerne ein Fenster offen. Wegen des Geruchs, der stickigen Luft und weil die Straßengeräusche so schön beruhigen.
Ich habe das Fenster lieber zu und Schüler, die korrekt atmen und komplett auf sich selbst fokussiert bleiben.
Beide Parteien bekommen also in gewisser Weise nicht das, was sie wollen.
Das Problem ist, dass die klassischen Texte nicht eindeutig sind, weil sich das Problem früher nicht so gestellt hat.
Vegetarisch lebende Menschen riechen nicht so stark wie ihre carnivoren Zeitgenossen, doppelt verglaste, in Betonwände eingelassene Fenster gab es zu Patanjalis Zeiten auch noch nicht und in vielen Regionen Indiens ist es die meiste Zeit über auch draußen so warm, wie beim Hot Yoga.
Sehen wir mal davon ab, dass – zumindest meiner bescheidenen Meinung nach – die Energie im Raum dichter, lebendiger und wirkungsvoller ist, wenn wir den Raum verschließen wie wir es mit dem Körper mit Hilfe der Bandhas tun, welche Stellen und Empfehlungen gibt es für das Problem von denen, die wirklich Ahnung haben:
Die Praxis bei Sonnenaufgang wird empfohlen; weil es dann am meisten Prana in der Luft gibt, da die Erde sich über Nacht reinigt und außerdem ist die Kühle am Morgen angenehmer für das System, als die brütende Mittagshitze.
Ein Argument für Fenster offen?
Weiter steht bei manchen Quellen: Das Praktizieren im direkten Sonnenlicht solle vermieden werden, ebenso wie das im Wind. (Wind und Hitze sind übrigens auch in der TCM aggressive pathogene Faktoren, die akute Schäden und Krankheitsbilder im Organismus hervorrufen können).
Man suche den Schatten eines Baumes an einer windgeschützten Stelle, rolle da sein gegerbtes Tigerfell aus und dann ist man auf der sicheren Seite.
Also doch Fenster zu?
Fakt ist, der Körper öffnet sich während der Praxis. Die Nadis werden durch die Dehnungen geöffnet und zum Fließen gebracht. Kontrollierte Atmung bringt Energie in die Kanäle und ganz oft geht es ums Entspannen.
Wie klappt das mit der Entspannung wenn man friert oder die Haut langsam in der Sonne verbrennt?
Meistens nicht so.
Einen Zug holen kennen wir gut als Redewendung und dieser Zug ist nie gut, es sei denn er ist von Märklin.
Das Umfeld, gerade für einen Anfänger im Yoga, sollte Geborgenheit und Schutz ausstrahlen.
Ein geöffnetes Fenster im Winter beeinträchtigt diejenigen in der Shala, die dem am nächsten liegen, auch wenn die am anderen Ende des Raumes sich über das frischere Raumklima vielleicht freuen.
Im Sommer alle Fenster aufreißen, damit ein sanfter Wind in der Klasse weht ist genauso kontraproduktiv, wie der Versuch, eines der aufgestylten Lehrvideos, wo die Akteure auf einem hölzernen Steg am Meer mit wehenden Haaren Akrobatik vorführen, nach zu spielen, so schön die Bilder auch sind.
Die Grundvoraussetzung, den Körper unbeschadet durch Klima zu bringen, wären absoluter Fokus und durchgehend korrekte Atmung.
Aber wenn man die hat, stört einen auch das Raumklima nicht mehr.
Es führt letztendlich also kein Weg daran vorbei, an Fokus und Atmung, und bis man die hat, sollte man sich vom Lehrer leiten lassen und mit dem geschlossenen Fenster leben.
Außer bei 36° in Deutschland und das Studio liegt im Schatten eines Baumes an einer windgeschützten Stelle – dann kann man auch mal ein kleines Fenster öffnen.

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